Spielbetrieb

Blog gegen schachliche Langeweile wegen Corona (1)

Liebe Schachfreunde,
 
aufgrund der aktuellen Situation haben wir den Spielbetrieb ausgesetzt und folgen den Empfehlungen der Behörden, der Verbände, etc. und minimieren die direkten physischen persönlichen Begegnungen am Brett wo möglich. Das hält uns aber glücklicherweise nicht davon ab, weiter Schach zu spielen z.B. im Internet und uns hierzu auszutauschen. Ich habe mir vorgenommen, jetzt regelmäßig bis zum Ende dieser Krise einen Blogbeitrag auf unserer Homepage zu veröffentlichen. Mal kürzer mal länger, wie es gerade reinpasst.
 
Vergangenen Sonntag spielten wir bei den Schachfreunden Mainz in der 1. RLP Liga. Wg. Corona waren schon die neuen Verhaltensregeln in Kraft: kein Handschlag zu Partiebeginn und -ende. Remisangebot durch Kreuzen der Zeigefinger und Aufgabe durch Umlegen des Königs. Die Sinnhaftigkeit der gekreuzten Zeigefinger erschließt sich mir dabei nicht ganz... aber egal, das Thema ist jetzt aktuell ja auch obsolet, weil es keine Mannschaftskämpfe im Moment mehr gibt.
 
Nach einem "Battle Royale" (ein Battle Royale ist eine Auseinandersetzung auf dem Schachbrett, bei der sich die Figuren wild und völlig willenlos von beiden Seiten um die Ohren gehauen werden; ein Opfer hier ein Opfer da und immer voll auf die Zwölf!) ist im 41. Zug der Partie Dr. Gypser - Dr. Paskalutsa; Mainz 2020 folgende Chaos-Stellung entstanden, in der Weiß Turm gegen Läufer und vier Bauern hat und objektiv vollbreit steht (i.e. total auf Verlust).
 Paskalutsa 1
Also.. sagt der Computer zumindest... und wer bin ich, das in Frage zu stellen?  Abgesehen von diesem Detail der objektiven Stellungsbewertung gibt es aber auch praxisrelevante positive Aspekte: Weiss hat die Zeitkontrolle geschafft, er wird nicht in den nächsten fünf Zügen mattgesetzt und er hat eine Drohung (!): 42. Tc6 mit Figurengewinn. Aus letzterem Grund war ich auch auf einmal wieder recht optimistisch, zumindest nicht zu verlieren. Mein Gegner sah offenbar auch Schwierigkeiten, denn er guckte nicht so zufrieden und dachte ca. 30 min für seinen nächsten Zug nach.
 
Es ist aber leider in der Tat so, dass der feine Herr Stockfisch recht hat, wenn er die Stellung für total gewonnen für Schwarz hält: es gibt drei Gewinnzüge, beispielsweise ist eine Lösung 42. Sd5, was Tc6 verhindert und wenn 43. Lxd5  dann folgt erst das spitzfindige 43. ... d3+ 44. Kg2 und dann erst 44. ... exd 45. Dxd5 und wegen der Schwäche auf der langen Diagonale a8-h1 bleibt das Happy End heute aus.  Ich führe nicht jede Variante tiefer im Detail aus, kann man sich aber bei einem schönen Glas Rotwein oder einer leckeren Apfelschorle selber zu Gemüte führen. Ich hatte Sd5 natürlich gar nicht auf der Rechnung sondern dachte, dass ich nach 42. ... Lb7 43. Lxb7 Dxb7 44. Da5+ Kd7 45. Da4 Dauerschach hätte, aber es geht natürlich für Schwarz besser: 44. ... Ke8. 45. Tc7 Dd5! Und Schwarz bleibt im Vorteil. Mein Gegner fand 42. ... Kd7, der nur der viertbeste Zug ist und besser für Weiß- die Räumung der Diagonalen mit d3 verheisst aber als dritte Möglichkeit auch noch Vorteil für Schwarz!!!. Nach Kd7 ergibt erzwungen sich die Sequenz 43. Tc6 Lc4 44. Da4 Lb5 aber nach 45. Txb6 Lxa4 46. Ta1 hat Schwarz jetzt Probleme. In der Partie geschah  46. ... f5 47. Lh1 Lb3 und nach 48. Tb7+ Ke8 49. Ta8+ Kf7 50.Taa7 verlor
50. ... Sd5 jetzt klar.
 
Paskalutsa 2
 
Nach Schlagen auf d5 mit dem Läufer und dann mit dem Turm auf e7 e7 hüpft der Springer über d3 nach e5 und es schließt sich ein Mattnetz um den schwarzen König bzw. man hat ja auch schon einen ganzen Turm mehr!