Spielbetrieb

Meine letzte Partie gegen Dr. Thurner

Wer hätte das gedacht, dass die Blitzpartie im März 2015 gegen Dr. Karl Thurner unsere letzte gewesen sein sollte? Niemand. Denn eins war sicher, ein Klubabend freitags ohne Dr. Thurner war schwer vorstellbar. Seit ich anfangs der 80 ziger Jahre des letzten Jahrtausends im Schachklub eingetreten war, begegnete ich Herrn Dr. Thurner und später auch seinem Sohn Christoph, in "meinem" neuen Lebensmittelpunkt. Wie ich später lernen sollte, war er  bereits Mitglied des Vereins bevor ich überhaupt geboren war. Nun ja, als ich kam, ging er schon fast in Rente und jetzt wo er von uns ging, denke ich schon über meine Rente (wenngleich nur über Möglichkeiten der Frühverrentung) nach.

In all den Jahren waren die Blitzpartien gegen die Thurners ein großes Vergnügen. Dr. Thurners Sohn war für jede auch noch so bizarre Eröffnung zu haben und konfrontierte einem regelmäßig damit. Während das Spiel des großen Dr. Thurners von tiefer Einsicht in die Besonderheiten der Positionen auf dem Schachbrett geprägt waren. Sein profundes Positionsspiel war auch immer die Nuss, die es in einer Blitzpartie gegen ihn zu knacken gab. War man zu frech, ungestüm oder ähnlich charakterlich ungefestigt, konnte es ganz schnell ziemlich düster für einem aussehen. Das blieb auch bis zu unserer letzten Partie im Monatsblitz März 2015 so. Wir spielen Königsindisch, klassische Variante, eine der Varianten, die bei uns regelmäßig auf das Brett kam. Im Königsinder aber auch schon mal gerne die Sämisch Variante oder im Sizilianer den Schwesnikov. Diese Eröffnungen spielten wir egal mit welcher Farbe. Alle anderen Eröffnungen spielten bei unseren Begegnungen eigentlich eine untergeordnete Rolle. Wir beide hatten bei diesen Eröffnungen uns wohl gefühlt und immer maximalen Spaß. Jedenfalls verlief die letzte Partie ähnlich wie immer. Dr. Thurner spielte mit Schwarz trocken die Position und ich versuchte mit den weißen Steinen Möglichkeiten zu finden, Unruhe zu stiften. Ich musste ihn außer Tritt bringen - das half gelegentlich. Dass es dies nicht umsonst gibt, war mir schon klar. Denn sein Spiel war einfach zu solide. Was soll ich sagen. Es gelang mir ungleiche Figurenverhältnisse herzustellen, musste dafür allerdings auch eine kompromittierte Königsstellung an meinem Rochadeflügel akzeptieren. Das tat ich auch, seine Angriffsmöglichkeiten hielt ich für überschaubar. Ein paar Züge weiter bot er mir ein Remis an, ich in schlechterer Zeit, knapp eine halbe Minute zu einer knappen Minute auf seiner Uhr. Ich lehnte ab, machte einen schlechten Zug und war direkt Matt. Wir, und alle die es mitbekommen hatten, lachten schallend. Gegen Karl Thurner bekam man nichts geschenkt. Umsonst ist nur der Tod.

Die Schuhe, die er hinterlassen hat sind riesig. Ich hoffe wir lernen sie auszufüllen.