Franz Pachl: Der Weg zum Problemschach-Großmeister
- Franz Pachl
- Rochade-Europa 1998
- 2. Preis
#2 (13+5)
GM Franz Pachl
- 1.Le6? 1.- Kxd4!
- 1.Lf7? 1.- Kf4!
- 1.Lg8! (2.De5#)
- 1.- Kxd4/Kf4 2.Lc5/Sd5#
- (1.- d2 Dxd2#)
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#2 (13+5) | GM Franz Pachl |
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Angefangen hat alles Mitte der 60iger Jahre. Ich ging noch zur Schule und traf mich nachmittags hin und wieder mit meinen Freunden im Willy-Graf-Haus, einer Jugendfreizeitstätte am Ludwigshafener Ruthenplatz. Dort verbrachten wir unsere Freizeit mit Musikhören, Tischtennisspielen und anderen Dingen. Der rührige Leiter der Freizeitstätte hielt den Laden in Schwung und kümmerte sich liebevoll um uns Jugendliche. Eines Tages spielte er eine Partie Schach und ich schaute fasziniert zu. Dieses Spiel zog mich sofort in seinen Bann und es dauerte nicht lange, bis ich auch Schach spielen konnte. Von nun an spielte ich Schach mit Freunden, Bekannten und Verwandten, wann immer sich die Gelegenheit bot. Ich abonnierte eine Schachzeitung, spielte eifrig Partien nach und lernte dabei etwas über Eröffnungen. Ich legte mir eine Reihe von Eröffnungsbüchern zu und begann Fernschach zu spielen, allerdings nur mit mäßigem Erfolg, weshalb ich dieses Kapitel nach ca. zwei Jahren beendete.
Meine erste ernsthafte Begegnung mit dem Problemschach hatte ich etwa 1974, als ich im Problemteil meiner Schachzeitung hängen blieb und versuchte, ein dort abgedrucktes Schachproblem zu lösen. Bald darauf versuchte ich selbst, Schachprobleme zu komponieren, obwohl ich wenig Ahnung davon hatte. Das ganze wäre wohl im Sande verlaufen, hätte ich 1975 nicht Dr. Hermann Weissauer kennen gelernt. Er brachte mir alles Wissenswerte zum Thema Problemschach bei und motivierte mich, dabei zu bleiben. Er ermunterte mich der Deutschen Vereinigung für Problemschach, genannt "Die Schwalbe", beizutreten und sorgte dafür, dass 1976 mein erstes Schachproblem, ein Zweizüger, veröffentlicht wurde. Ich kaufte mir ein Buch, das sich mit der Problemschachtheorie befasste und studierte mit Begeisterung die verschiedenen Themen.
Schon bald begann ich mich auch für Hilfsmatts zu interessieren und baute fortan Zweizüger und Hilfsmatt-Zweizüger. Mit der Zeit wurden meine Schachaufgaben immer besser und erste kleine Erfolge in Problemschachturnieren stellten sich ein. Ende 1977 wurde ein Schachproblem aus meiner Werkstatt zum ersten Mal mit einem Preis ausgezeichnet. Beim Schach-Echo Informalturnier erhielt ich mit einem Hilfsmatt in 2 Zügen den 7. Preis. Das spornte mich sehr an und 1979 war es dann soweit: Ich gewann erstmals ein Turnier und errang mit einem Hilfsmatt in 2 Zügen den 1. Preis. In der Folgezeit häuften sich die Auszeichnungen, ich komponierte fleißig weiter und 1980 hatte ich schon 100 Schachprobleme publiziert. Mit Hermann Weissauer besuchte ich regelmäßig die "Schwalbe-Tagungen", die einmal im Jahr stattfinden und lernte dabei u.a. Problemschach-Asse wie die Großmeister Dr. Hans-Peter Rehm, Herbert Ahues und Michael Keller kennen. Mitte der 80iger Jahre gab es die ersten Prüfprogramme für Schachaufgaben, um sicherzustellen, dass eine Aufgabe korrekt war, d.h, dass es nur eine Lösung gibt und auch die Varianten dualfrei ablaufen, denn auf jeden schwarzen Verteidigungszug durfte es nur eine Fortsetzung geben. Diese Programme wurden mit der Zeit immer komfortabler, man konnte sogar Märchenschachaufgaben prüfen. Als ich 1988 den Mannheimer Markus Manhart kennenlernte, der sich in erster Linie mit Märchenschach beschäftigte, begann auch ich in diesen Bereich abzudriften und komponierte Märchenschachprobleme, anfangs nur gelegentlich, später dann immer häufiger.
Durch das BASF-Schachturnier fand ich 1988 den Weg zum Schachklub Ludwigshafen 1912 und begann Partien zu spielen. Ich beteiligte mich am Clubturnier in der B-Gruppe und nahm an Mannschaftswettkämpfen der 3. und 4. Mannschaft teil. Obwohl ich auch hier sehr ehrgeizig war, hatte ich nie große Ambitionen, dazu war ich einfach zu faul. Das Büffeln und Studieren von Eröffnungs-, Mittelspiel- und Endspielbüchern war nicht mein Ding. Mir genügte es, dass ich in der Bezirksklasse bzw. Bezirksliga trotzdem gut mithalten konnte. Wie hoch meine DWZ war, war für mich nur von geringer Bedeutung.
Um ihre Titelträger im Problemschach zu ermitteln, greift die FIDE auf die FIDE-Alben zurück. Diese Alben erscheinen in einem Zyklus von drei Jahren (das letzte erschienene deckt den Zeitraum von 1995-97 ab, das für 1998-2000 ist zur Zeit im Druck und kommt im Sommer 2006 heraus) und dokumentieren die besten Schachprobleme auf der ganzen Welt. Pro Aufgabe, die ins Album aufgenommen wird, erhält der Komponist 1 Punkt. Bei Gemeinschaftsaufgaben werden die Punkte geteilt. Die Punktegrenzen für die Titelvergabe sind folgendermaßen festgelegt: FIDE-Meister = 12 Punkte (gibt es erst seit 1990), Internationaler Meister = 25 Punkte, Internationaler Großmeister = 70 Punkte.
Im Problemschach hatte ich mir inzwischen einen Namen gemacht und ich begann, meine besten Aufgaben zum FIDE-Album einzusenden. Für 1977-79 wurde nur eine meiner Aufgaben ausgewählt, aber 1980-82 schlug meine große Stunde und ich brachte 18 Probleme ins Album. Als das Album für den Zeitraum 1983-85 ausgewertet war und ich 7 Punkte ergattern konnte, hatte ich die magische Grenze von 25 Punkten überschritten und mir wurde 1989 der Titel "Internationaler Meister der FIDE für Schachkompositionen" verliehen.
In den folgenden Jahren komponierte ich eifrig weiter und 1998 waren es schon mehr als 500 Schachprobleme, die ich gebaut hatte. Auch in den FIDE-Alben konnte ich weiter Punkte sammeln und 2001, nach Auswertung des Albums 1992-94 war mein Punktekonto auf 55,75 Punkte angewachsen und ich durfte mir berechtigte Hoffnungen machen, spätestens mit dem übernächsten Album in die Gilde der Großmeister aufgenommen zu werden. Im September 2005 war es dann soweit, das Album 1998-2000 war ausgewertet und mein Punktestand betrug 81,42, ich war einer von 32 auf der Welt lebenden Großmeistern im Problemschach. Bis heute habe ich mehr als 850 Schachprobleme veröffentlicht, wovon fast 75 % eine Auszeichnung erhielten (nahezu 200 wurden mit einem Preis dekoriert).
1984 war ich zum ersten Mal Preisrichter bei einem Problemschach-Turnier und 1988 erhielt ich den Titel "Internationaler Schiedsrichter der FIDE für Schachkompositionen" für Zweizüger und Hilfsmatts. Für das FIDE-Album 2004-2006, das im nächsten Jahr ausgeschrieben wird, bin ich einer von drei Preisrichtern in der Hilfsmatt-Abteilung. Meine Aufgabe besteht darin, die eingesandten Schachaufgaben zu bewerten. Ich kann dabei zwischen 0 und 4 Punkten vergeben, auch halbe Punkte sind möglich. Erreicht eine Aufgabe mindestens 8 Punkte, wird sie ins Album aufgenommen.
Vor ein paar Jahren wurde beschlossen, eine Kompositionsweltmeisterschaft in allen acht Problemschachabteilungen durchzuführen (Zweizüger, Dreizüger, Mehrzüger, Studien, Hilfsmatts, Selbstmatts, Märchenschachaufgaben und Retroanalytische Schachprobleme). Meine erste Beteiligung (für die Periode 2001-2003 sandte ich Hilfsmatts und Märchenschachaufgaben ein) war gleich ein voller Erfolg, denn ich gewann bei den Hilfsmatts die Bronzemedaille und beim Märchenschach belegte ich den 6. Platz.
Seit 2000 bin ich Redakteur in der Hilfsmatt-Abteilung der damals neu gegründeten Problemschach-Zeitschrift "Problem-Forum" und von 1994 bis 2005 leitete ich die Zweizügerabteilung in der Problemschach-Zeitschrift "Die Schwalbe".
Für die Zukunft habe ich mir vorgenommen, weiterhin schöne Schachprobleme zu komponieren und beim FIDE-Album die 100 Punkte zu erreichen.